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Fehler passieren - auch dem sorgfältigsten Arzt und dem bestausgebildeten Praxispersonal. Noch häufiger werden Behandlungsfehler zu Unrecht behauptet. Wichtig ist dann, dass ein ausreichender Haftpflichtversicherungsschutz zur Verfügung steht. Denn die Berufshaftpflichtversicherung sichert die Übernahme von Schäden aus der beruflichen Tätigkeit der Ärztinnen und Ärzte und auch ihre Mitarbeiter ab. Hierzu gehören zunächst natürlich die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen, die eine Arztpraxis nach einem Behandlungsfehler zu zahlen hat. Die Berufshaftpflichtversicherung übernimmt aber noch viel mehr Leistungen.
Übernahme von Anwalts- und Gerichtskosten
Denn eine Haftpflichtversicherung soll natürlich auch unberechtigte Ansprüche abwehren. Dies macht sie außergerichtlich, d. h. bevor eine Schadensersatzklage vor einem Zivilgericht erhoben wird, in der Regel durch eigene Juristen. Nach Klageerhebung eines Patienten übernimmt sie die Rechtsanwaltskosten und auch mögliche Sachverständigengutachten werden von ihr bezahlt.
Sie ist zur Prozessführung befugt. Denn dadurch, dass die Haftpflichtversicherung im Zweifel zahlen muss, muss sie auch die Geschicke des Verfahrens übernehmen können. Deshalb hat sie auch ein Anwaltsbestimmungsrecht. D. h. sie allein entscheidet, welche Anwaltskanzlei dem Arzt zur Seite steht. Dies ist in vielen Fällen die Rechtsanwaltskanzlei, die ohnehin die Arztpraxis begleitet, es kann aber auch passieren, dass die Haftpflichtversicherung einen anderen Anwalt als vom Arzt gewünscht auswählt.
Für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt den Schadensersatz- und Schmerzensgeldprozess verliert, zahlt die Haftpflichtversicherung auch die Gerichtskosten und die Anwaltskosten des Gegners. Kein Versicherter bleibt im Fall eines Prozessverlustes auf horrenden Kosten für Juristen sitzen.
Mindestversicherungssumme bei Kassenärzten und privat tätigen Ärzten
Das Vorhalten einer Berufshaftpflichtversicherung ist für alle Ärztinnen und Ärzte in den jeweiligen Berufsordnungen vorgeschrieben. Während für privat tätige Ärzte keine Mindestversicherungssumme vorgeschrieben ist, beträgt diese für Kassenärzte in einer Einzelpraxis mindestens drei Million Euro für Personen- und Sachschäden für jeden Versicherungsfall. Für jedes Jahr müssen wenigstens zwei Versicherungsfälle abgedeckt werden. Für Kassenärzte und Gemeinschaftspraxen mit angestellten Ärzten muss die Mindestversicherungssumme wenigstens fünf Million Euro je Person für jeden Schadensfall betragen, die Leistung des Versicherers für alle innerhalb eines Jahres verursachten Schäden müssen hier wenigstens den dreifachen Betrag der Mindestversicherungssumme erreichen. Verstöße gegen diese Regelungen führen, wenn kein ausreichender Versicherungsschutz nachgewiesen werden kann, zum Entzug der Kassenzulassung und werden als berufsrechtlicher Verstoß auch an die Ärztekammern gemeldet.
Kann richtig teuer werden: Heilbehandlungs- und Pflegekosten sowie Gehaltsausfälle
Aus medizinrechtlicher Sicht sind die Mindestversicherungssumme von drei bzw. fünf Million Euro deutlich zu wenig. Keine Praxis sollte sich unter zehn Millionen Euro pro Schadensfall versichern. Dies gilt umso mehr, als dass sich wegen der geringeren mathematischen Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden etwa zwischen fünf Million und zehn Million Euro tatsächlich eintritt, die Versicherungsprämien keineswegs verdoppeln, sondern in aller Regel nur moderat steigen. Teuer in Deutschland ist nicht das Schmerzensgeld, es erreicht nur selten überhaupt sechsstellige Beträge, denn anders als etwa in den USA gibt es in Deutschland keinen Strafschadensersatz. Teuer werden hingegen insbesondere die notwendigen Heilbehandlungs- und Pflegekosten, vor allem aber auch die zu ersetzenden Gehaltsausfälle inklusive fiktiver Gehaltssteigerungen bis zum Erreichen des Rentenalters des Patienten. Ein Beispiel:
Ein Betriebswirt, Mittelmanager eines Unternehmens in einer ländlichen Region mit einem Gehalt von 100.000 Euro im Jahr, geht im Alter von Mitte 30 zum Hausarzt. Dieser übersieht eine Erkrankung - eine unterlassene Befunderhebung; der wohl häufigste Haftungsfall beim Hausarzt. Der Patient erkrankt in der Folge und wird berufsunfähig sowie pflegebedürftig, obwohl dies bei rechtzeitiger Erkennung der Erkrankung vermeidbar gewesen wäre. Neben einem Schmerzensgeld und den Heilbehandlungskosten ist hier insbesondere der Verdienstausfall ganz erheblich. Selbst ohne Gehaltssteigerungen verlieren der Manager und seine Familie Gehaltszahlungen bis zur Rente von über 3,5 Millionen Euro. Kommen hierauf noch Pflegekosten etwa für einen ambulanten Pflegedienst, für eine stationäre Pflegeeinrichtung oder gar beispielsweise für eine Beatmungspflege von 25.000 Euro im Monat, wird deutlich, dass selbst ein Betrag von 10 Millionen Euro Schadensersatzzahlungen bei einem Akademiker schnell erreicht sind.
Wichtig: den richtigen Praxisträger versichern
Dramatische Folgen können entstehen, wenn versehentlich der falsche Praxisträger versichert wird. Beim Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung ist unbedingt darauf zu achten, wer der Praxisträger ist. Dies ist bei einer Einzelpraxis noch sehr einfach zu beantworten - der einzelne Arzt, der eventuell Ärztinnen und Ärzte beschäftigt. Bei einer Gemeinschaftspraxis/Berufsausübungsgemeinschaft sind nicht etwa die Gesellschafter, sondern die Gesellschaft (als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Partnerschaftsgesellschaft) Praxisträger und als solche zu versichern – denn die Behandlungsverträge kommen mit ihr zustande. Diese Gesellschaft muss auch deshalb abgesichert werden, weil sie – und nicht die Gesellschafter - der Arbeitgeber des ärztlichen und nichtärztlichen Personals sind, für die die Gesellschaft haftet. Gleiches gilt im Medizinischem Versorgungszentrum, auch hier muss Vertragspartner der Haftpflichtversicherung der Träger sein - oft eine GmbH.
Keine Berufshaftpflichtversicherung ist bei einer Praxisgemeinschaft - d. h. einer Bürogemeinschaft zwischen mehreren Arztpraxen - notwendig. Es muss aber unbedingt darauf geachtet werden, dass die Ankündigungen der Praxen der tatsächlichen Struktur entsprechen.
Beispiel: Was verbirgt sich hinter folgendem Praxisschild?
„Dr. Sabine Schmidt
Dr. Ralf Müller
Hausärzte am Stadtpark“
Angenommen, es handelt sich hierbei eigentlich nur um eine Praxisgemeinschaft, d. h. um zwei unabhängig voneinander abrechnende und behandelnde Ärzte, die sich gemeinsame Räumlichkeiten und gemeinsames nichtärztliches Personal teilen, dann hat jeder dieser beiden Ärzte eine eigene Berufshaftpflichtversicherung. Problematisch ist hier dann, dass eine sogenannte Scheingemeinschaftspraxis besteht, denn durch das dargestellte Praxisschild wird Patientinnen und Patienten suggeriert, es handele sich in Wahrheit gar nicht um eine Praxisgemeinschaft, sondern um eine Gemeinschaftspraxis. Dies bedeutet aber, dass jeder Arzt auch für die Fehler des anderen Arztes mithaftet. Jedoch wissen die Haftpflichtversicherungen gar nichts von dem erhöhten Risiko - und da sie 50 % des rechnerischen Risikos nicht versichert haben, werden sie dieses im Haftpflichtfall auch nicht abdecken. Wenn sich eine solche Scheingemeinschaftspraxis einmal nicht vermeiden lässt (insbesondere durch Klarstellungen auf allen Werbeträgern), ist es wichtig, dass die beteiligten Ärzte die Haftpflichtversicherer hierüber informieren, damit dieser auch den Rechtsschein absichern kann.
Wichtig ist es, sowohl Neueinstellungen als auch Änderungen der Arbeitszeit der Ärzte dem Haftpflichtversicherer mitzuteilen, weil sich hieraus natürlich geänderte Schadenswahrscheinlichkeiten ergeben. Bei Abschluss des Versicherungsvertrages sollte geklärt werden, ob etwa Weiterbildungsassistenten auch jeweils gemeldet werden müssen (was oft vergessen wird) oder ob diese global mitversichert werden können.
Eine Entschuldung ist kein Schuldanerkenntnis
Behandlungsfehlervorwürfe sind nicht nur ein finanzielles Risiko, sondern auch vor allem psychisch belastend. Die gerichtlichen Behandlungsfehlerverfahren dauern oft mehrere Jahre. Gerade bei berechtigten Behandlungsfehlervorwürfen sind Ärzte und Ärzte oft versucht, sich beim Patienten zu entschuldigen. Dies sollte immer nach Rücksprache mit dem Rechtsanwalt bzw. unter Haftpflichtversicherung erfolgen. Eine Entschuldigung als solche ist rechtlich an sich nicht problematisch, wird aber natürlich von der Patientenseite gegen den Arzt verwendet. Dramatisch wäre eine Entschuldigung, die als sogenanntes Schuldanerkenntnis zu bewerten wäre, wenn also der Arzt auch nur indirekt zu verstehen gibt, dass er für den behaupteten Schaden haften möchte. Den wenn später herauskommt, dass der Arzt gar nicht hätte haften müssen, zahlt die Haftpflichtversicherung selbstverständlich auch kein Geld – und der Arzt bleibt auf dem Betrag sitzen.
Patientenbeschwerden und Strafverfahren
Ärztliche Behandlungsfehler können auch im Rahmen von Patientenbeschwerden bei der Ärztekammer (d.h. berufsrechtlich bzw. berufsgerichtlich) oder, noch belastender, im Strafverfahren Gegenstand sein. Denn auch den Vorwürfen einer fahrlässigen Körperverletzung oder fahrlässigen Tötung eines Patienten durch einen Arzt liegt natürlich der inhaltlich gleiche Vorwurf eines Behandlungsfehlers zugrunde. Häufig werden von Patienten bzw. deren Anwälten auch zivilrechtliche, strafrechtliche und berufsrechtliche Schritte parallel gegen den Arzt eingeleitet. Die Kosten des berufsrechtlichen Verfahrens und der Strafverteidigung übernimmt die Berufshaftpflichtversicherung nicht. Dies kann durch eine Ergänzung der Rechtsschutzversicherung erreicht werden, insbesondere durch eine Spezial-Strafrechtsschutzversicherung, die auch die teuren anwaltlichen Stundensätze übernimmt.
Ebenfalls wichtig für Arztpraxen: Betriebshaftpflichtversicherung
Neben der Berufshaftpflichtversicherung bedarf es in einer Praxis auch noch einer Betriebshaftpflichtversicherung. Diese zahlt - ähnlich wie die private Haftpflicht für alle Fälle, in denen außerhalb des unmittelbaren Berufsbezuges Schäden verursacht werden, etwa wenn bei einem Hausbesuch eine teure Vase umgeworfen wird oder ein Patient auf der winterlich nicht geräumten Zuwegung zur Praxis ausrutscht - hierfür kommt die Berufshaftpflichtversicherung nicht auf, weil dies naturgemäß keinen Behandlungsfehler darstellt.
\\\ Verfasser: Dr. Dr. Thomas Ruppel, Rechtsanwaltsgesellschaft Dr. Ruppel mbH (Lübeck) für AÄA