Honorarvereinbarung: Strenge Vorgaben beim Abweichen von der GOÄ

Im zweiten Teil seines Gastbeitrags erläutert Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel, unter welchen Voraussetzungen von den GOÄ-Vorgaben abgewichen werden darf.

 

Zum Schutz des Patienten stellt der Gesetzgeber besondere Anforderungen an Vereinbarungen, in denen vom in der GOÄ vorgesehenen Honorar abgewichen werden soll.

Rechtliche und wirtschaftliche Beziehungen

Die rechtlichen Beziehungen entsprechen nicht den wirtschaftlichen Beziehungen. Das bedeutet hier, dass rechtlich ein Behandlungsvertrag zwischen dem Patienten und dem Behandelnden (Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis GbR, MVZ-Trägergesellschaft etc.) zustande kommt. In diesem Verhältnis wird zusätzlich eine Honorarvereinbarung zum Abweichen von der GOÄ vereinbart. Ob ein Dritter - z.B. PKV und Beihilfestelle - diese abweichenden Kosten übernimmt, spielt rein rechtlich keine Rolle. Wichtig ist nur, dass die Pflicht zur wirtschaftlichen Aufklärung genau befolgt wurde. Zwischen Arztpraxis und PKV besteht keine rechtliche Beziehung - der Zahlungsanspruch gegenüber dem Patienten bleibt auch bestehen, wenn dieser gar nicht oder schlecht versichert ist.

Wirtschaftlich und im Behandlungsalltag stellt sich die Situation anders dar: Wenn der Patient nicht über die Mittel verfügt, um die Rechnung zu bezahlen, hilft der Direktanspruch gegen den Patienten auch nicht weiter. Außerdem bringen sich viele PKV-Unternehmen für ihre Versicherten gegen den Arzt in Stellung und wehren die Honorarforderung ab. Der Arzt sieht sich also den Leistungs- und Rechtsabteilungen der PKV-Unternehmen ausgesetzt, die zugleich noch den Patienten gegen den Arzt ausspielen. Dies belastet das Arzt-Patienten-Verhältnis.

Anforderungen an abweichende Gebühren

Vereinbart werden darf mit dem Patienten eine abweichende Gebührenhöhe, d. h. ein abweichender Steigerungssatz – nicht jedoch Abweichungen in Punktzahl, Punktwert oder Pauschalhonorare. Die Abweichung im Steigerungssatz muss gegenüber dem Patienten deutlich und transparent gemacht werden. Die Rechtsprechung verlangt hierfür beispielsweise eine Tabelle, welche den eigentlichen GOÄ-Satz und den abweichenden Satz für jede einzelne GOÄ-Position bestimmt. Notwendig ist auch ein Satz, wonach die PKV/die Beihilfestelle die in der Honorarvereinbarung getroffenen Veränderungen gegebenenfalls nicht übernehmen. Der Patient muss ausdrücklich auf sein eigenes Kostenrisiko hingewiesen werden.

Während bei der allgemeinen wirtschaftlichen Aufklärung aus dem Behandlungsvertrag die sogenannte Textform ausreicht, ist beim Abweichen von der GOÄ-Gebührenhöhe die Schriftform einzuhalten. Das bedeutet, sowohl der Patient als auch der Arzt müssen die Honorarvereinbarung unterschreiben – allerdings nicht notwendigerweise auf der gleichen Urkunde, also dem gleichen Stück Papier. Es genügen auch gleichlautende Ausfertigungen, wenn der Patient bestätigt, dass auch er eine den Anforderungen entsprechende und schriftliche Honorarvereinbarung erhalten hat.

Nach den Regeln der GOÄ darf eine Honorarvereinbarung nicht mit weiteren Vereinbarungen – z.B. ein etwaiger schriftlicher Behandlungsvertrag oder eine Ausfallhonorarvereinbarung - auf einer Urkunde, d.h. in einem Schriftstück, verbunden werden.
 

Autor: Dr. Dr. Thomas Ruppel / Kanzlei für Medizinrecht und Gesundheitsrecht, Lübeck