Klarheit im Retax-Streit: BSG gibt Apothekerin Recht

Das Bundessozialgericht hat die AOK Bayern verurteilt, ihre bisherige Retax-Praxis bei Zytostatika-Abrechnungen zu korrigieren.

 

Geklagt hatte die Inhaberin einer herstellenden Apotheke, die Mitglied im Bayerischen Apothekerverband ist. Sie stellte für mehrere Versicherte im Mai 2012 aufgrund ärztlicher Verordnung Zytostatikazubereitungen für ambulante Chemotherapien her. Dabei entstand der sogenannte Verwurf, also der Rest der Stammlösung, der nicht für anderweitige Verordnungen verwendet werden kann. Konkret ging es in dem Rechtsstreit um die Vergütung von Verwürfen, die bei insgesamt 13 Verordnungen entstanden waren. Die Klägerin rechnete diese gemäß der zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband vereinbarten Hilfstaxe gegenüber der letzten Krankenkasse ab, die aus der Zubereitung bedient wurde. Dies war die AOK Bayern, die daraufhin die Mehrkosten der Verwürfe retaxierte.

Bereits im Mai 2021 hatte das Sozialgericht Nürnberg in erster Instanz die Retaxierungen für Unrecht erklärt und die AOK Bayern zur Zahlung der retaxierten Beträge zuzüglich Zinsen verurteilt. In der Urteilsbegründung machte das Gericht deutlich, dass die Verwürfe nach der geltenden Hilfstaxe unvermeidbar und abrechnungsfähig gewesen seien. Die Hilfstaxe sei wiederum ein von den Vertragspartnern vereinbartes Preisrecht, mit dem Haltbarkeitszeiten von Wirkstoffen für eine Abrechnungsfähigkeit festgelegt seien.

Dieses Urteil wollte die AOK Bayern nicht hinnehmen und ging in Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG). Dort kritisierte die Krankenkasse die Verwurfsregelungen der Hilfstaxe mit Verweis auf den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz. Die getroffenen Regelungen würden ein unwirtschaftliches Abrechnen der Apotheken ermöglichen.

Dieser Auffassung schloss sich das BSG nicht an. Es bestätigte das Urteil des Sozialgerichts und hielt dabei zusammenfassend fest: „Zutreffend ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass ungenutzte Teilmengen zytostatikahaltiger Arzneimittelzubereitungen als so genannter Verwurf gesondert zu vergüten sind, wenn diese nicht innerhalb von 24 Stunden in weiteren Rezepturen verwendet werden konnten und wirkstoffbezogene Sonderregelungen nicht vorgehen.“

Das Urteil des BSG gilt als richtungsweisend. Zwar ging es im konkreten Fall der bayerischen Apothekerin „nur“ um einen Streitwert von 828,50 Euro. Doch derzeit stehen noch etliche weitere Verfahren aus, die bis zum BSG-Urteil ruhend gestellt wurden und bei denen es in einzelnen Fällen um sechsstellige Beträge geht. Sobald das schriftliche Urteil des BSG vorliegt, dürften diese Verfahren gegen die AOK Bayern schnell und für die Kläger aller Voraussicht nach erfolgreich zu Ende gehen.

Ärzte

T: 0711 99373-2100

F: 0711 99373-2130

kundenservice@apotheken-aerzte.de
Apotheken

T: 0711 99373-2050

F: 0711 99373-2055

service@apotheken-aerzte.de