Krankenhausreform: Auswirkungen auf die Klinikapotheken

Auch wenn sie im Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums nicht explizit benannt sind, hat die Krankenhausreform weitreichende Folgen für Krankenhausapotheken. Was kommt auf sie zu und wo gibt es aktuell noch Regelungsbedarf?

 

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UPDATE 22.11.2024: 
Bei der Abstimmung im Bundesrat kam ein Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht auf die nötige Mehrheit. Damit hat der Bundesrat den Weg für die Krankenhausreform freigemacht. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. 
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Sie ist das wichtigste Projekt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in dieser Legislaturperiode: Im Mai beschloss das Bundeskabinett nach zähen Verhandlungen mit den Ländern die Krankenhausreform. Sie nimmt im Wesentlichen zwei Ziele ins Visier: Zum einen soll die Finanzierung von Krankenhäusern in Zukunft statt über Fall- in erster Linie über Vorhaltepauschalen geregelt werden. Damit erhalten Krankenhäuser zukünftig den Großteil des Geldes für die Bereithaltung von qualifiziertem Personal, und bestimmten medizinischen Geräte oder den Betrieb von Einrichtungen wie einer Notaufnahme. Zum anderen soll die Behandlungsqualität gesteigert werden – basierend auf der Annahme, dass mehr Routine und in der Folge Qualität einkehrt, je spezialisierter eine Klinik ist. Vor diesem Hintergrund und weil der Erhalt der aktuellen Kliniklandschaft weder finanziell noch personell sichergestellt werden kann, wird es zu Standortschließungen und einer Konzentration der rund 1700 Krankenhäusern in Deutschland kommen. Dabei ist auch eine zunehmende Ambulantisierung vorgesehen: Im Zuge der Reform soll es zukünftig mehr sektorübergreifende ans Krankenhaus angebundene Behandlungseinrichtungen geben.  

Einsparungen auf Kosten der Arzneimitteltherapiesicherheit?

Die Folgen der Reform betreffen auch die Krankenhausapotheken. In dem Gesetzentwurf selber sind sie zwar nicht explizit erwähnt. Doch die drohenden Standortschließungen, über die weitgehend Einigkeit herrscht, betreffen sie ebenso. Dabei ist die Arzneimitteltherapie eines der häufigsten Therapieverfahren im Krankenhaus. „Vor dem Hintergrund der Arzneimitteltherapiesicherheit sollten Krankenhausapotheken in einem solchen Entwurf berücksichtigt werden“, stellt Christopher Jürgens, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), fest. So sei es wichtig, Krankenhausapotheken zu erhalten, weil Produkte auch vor Ort hergestellt werden. Auch gebe es immer mehr Apotheker, die auf Station im Rahmen des Medikationsmanagements pharmazeutische Dienstleistungen erbringen würden, die bisher nicht vergütet werden. „Pharmazeutische Dienstleistungen müssen als Qualitätskriterium im Krankenhausplan Erwähnung finden“, fordert Christopher Jürgens. Die Krankenhausreform sieht ab 2025 die Einführung von 65 Leistungsgruppen vor, die personelle und technische Voraussetzungen beinhalten. Dabei sollen die konkreten Qualitätskriterien der Leistungsgruppen erst ab 2027 in Kraft treten und für die Krankenhäuser verbindlich werden. Bis dahin gelten Übergangsregelungen.

 


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Krankenhausapotheken in Qualitätskriterien von Kliniken aufnehmen

Die Finanzierung von Krankenhausapotheken erfolgt bisher im Rahmen der fallbezogenen Leistungsvergütung. „Wenn die Krankenhausfinanzierung zukünftig vor allem über Vorhaltepauschalen bestritten werden soll, müssen auch Krankenhausapotheken als Qualitätskriterium einer Klinik über diese finanziert werden“, so Christopher Jürgens. Dabei sei im Zuge der Ambulantisierung sicherzustellen, dass jede ans Krankenhaus angebundene medizinische Einrichtung Patienten auch über die Krankenhausapotheken versorgen dürfe. 
 

Erhöhte Anforderungen an digitale Prozesse

Die im Zuge der Reform größer werdenden Distanzen zwischen den Klinikstandorten und die längeren Wege hin zu den angebundenen medizinischen Einrichtungen erhöhen die digitalen Anforderungen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, den digitale Prozesse zukünftig stärker auffangen müssen. Auch die Telepharmazie wird dabei an Bedeutung gewinnen. E-Rezept, elektronische Gesundheitsakte und der digitale Medikationsplan halten mit großen Schritten Einzug in den Klinikalltag und digitale Abrechnungswege werden wichtiger. „Wir stellen beim Thema Digitalisierung noch eine gewisse Regelungsleere fest. Von Seiten der Krankenhausapotheken würden wir uns mehr Vorgaben für Softwarestandards wünschen“, beschreibt Christopher Jürgens die Herausforderungen der Krankenhausapotheken beim Überwinden zunehmender räumlicher Distanzen. So würden Apotheken aktuell vielfach eigene Lösungen schaffen, was wenig nachhaltig und ressourcenschonend sei.

 


Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., hat gegenüber AÄA Dr. Güldener die folgende Einschätzung zur geplanten Krankenhausreform abgegeben (August 2024):

"Die besondere Rolle von Krankenhausapotheken und die Neujustierung ihrer Möglichkeiten und Aufgaben müssen mit betrachtet werden. Standortschließungen, Leistungsgruppenverlagerung, Kooperationsmöglichkeiten oder Kooperationsverbote – all das hat Auswirkungen auch auf die Krankenhausapotheken. Hier muss schon überlegt werden, dass ein Krankenhaus, das plötzlich mehr Leistungsgruppen erhält, die vielleicht auch noch durch ausgeprägte Arzneimitteltherapien geprägt sind, eine andere Logistik, andere Räumlichkeiten und andere Lagerhaltungen benötigt. Alles dies braucht Investitionsmittel, die bis dato nur mittelbar über den Transformationsfonds abgedeckt wären. Hinzu kommt aber auch hier eine deutliche Personalverschiebung, je nach Veränderung von Krankenhausapotheken. Auch eine stärkere Ambulantisierung kann natürlich neue Herausforderungen für Krankenhausapotheken zur Folge haben. Wir brauchen also einen Übergang nach der Reform, um auch für solche und bisher von der Politik vergessene Fragestellungen gute und adäquate Lösungen zu finden."


 

Schwierige Absegnung, mehrjährige Umsetzung

Die Krankenhausreform befindet sich aktuell im parlamentarischen Abstimmungsprozess. Nach einem zähen Entstehungsprozess droht nun eine langwierige Absegnung. Zwar steht die Ampel geschlossen hinter der Reform, die Länder, in deren Zuständigkeit die Krankenhausplanung fällt, könnten die Reform aber verzögern und in den Vermittlungsausschuss schicken. Sie sind verärgert, weil der Bundesgesundheitsminister die Reform im Alleingang zu Ende geschrieben hat, in einer Form, die keine Zustimmung des Bundesrats erfordert. Befürchtet wird eine Verschlechterung der Patientenversorgung, weil die Schließungskriterien vor allem Kliniken auf dem Land betreffen könnten. Am Ende könnten auch Gerichte entscheiden: So droht etwa Bayern mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, weil die Reform zu sehr in die Länderkompetenz eingreife. „Selbst wenn die Regelungen im nächsten Jahr anfangen würden zu greifen, sind Übergangsfristen vorgesehen. Es handelt sich also um einen Prozess, der zwar angestoßen ist, dessen Umsetzung uns aber einige Jahre begleiten dürfte“, prognostiziert Christopher Jürgens.