Preis versus Wert einer Arztpraxis

Der Wert einer Arztpraxis und der Preis, der letztendlich beim Verkauf dafür gezahlt wird, weichen mitunter stark voneinander ab. Warum das so ist und was der VW Golf des Papstes Benedikt XVI. damit zu tun hat, lesen Sie hier.


Dieser Gastbeitrag stammt von Robert Krüger Kassissa von "Wir haben Praxis." Er vermittelt Arzt- und Zahnarztpraxen schwerpunktmäßig in der Region Berlin-Brandenburg. Zudem ist er Finanzierungsberater und Versicherungsmakler.

 

Die Preisbestimmung einer Arztpraxis, die zum Verkauf steht, ist immer wieder ein heißes Eisen. Klar hat der eine Abgeber oder die andere Abgeberin schon mal was von fachgleichen Kolleginnen und Kollegen gehört, aber so richtig valide Daten sind oftmals Fehlanzeige. 

Als naheliegender Schritt werden dann Steuerberaterinnen oder Steuerberater oder sogar offizielle Sachverständige für Praxisbewertungen oder Berater wie ich mit der Ermittlung des Praxiswertes beauftragt. Noch viel schwieriger ist aber das Thema für eine gründungswillige Ärztin oder Arzt aus dem Krankenhaus. Der ambulante und stationäre Sektor sind nach wie vor getrennte Welten. Die Krankenhaus-Ärztinnen und -Ärzte haben manchmal gar keine Vorstellung davon, wie die Preise für Praxen am Markt sind. Logisch, wie auch. 

Die Bewertung einer Arztpraxis anhand der wirtschaftlichen Daten, Lage, Patientenklientel und so weiter ist im Verkaufsprozess sicherlich ein guter Schritt. Die modifizierte Ertragswertmethode hat sich hierbei als gerichtsfest und etabliert erwiesen, wenngleich es noch viele weitere Methoden gibt. 

Egal, ob nun bereits eine konkrete Kaufpreisvorstellung vorliegt oder vielleicht sogar eine Praxisbewertung gemacht wurde, Folgendes darf nicht vergessen werden: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Wert und Preis einer Praxis. Der Wert ermittelt sich anhand der Zahlen und der entsprechend angewandten Berechnungsmethode. Der Preis einer Praxis wird aber durch Angebot und Nachfrage bestimmt. 

 


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Wieso ein VW Golf auf einmal fast 190.000 Euro kostet?

Vielleicht hilft ein Vergleich aus dem Autobereich. Mit entsprechenden Tools und Listen können Sie den Wert Ihres Autos anhand von Baujahr, PS-Zahl, Anzahl der Unfälle, Laufleistung, vorhandenem Zweitschüssel etc. ziemlich gut ermitteln. So soll ein Zivildienstleistender im Jahre 2005 einen VW Golf IV in einem deutschen Autohaus gekauft und dafür 10.000 Euro bezahlt haben. Da das Autohaus ja auch eine gewisse Gewinnmarge hat, wird der Wert des Autos etwas tiefer anzusiedeln sein. Als Erstbesitzer steht in den Papieren ein gewisser „Josef Kardinal Ratzinger“. Sie wissen schon, der Herr, der später Papst wurde. Der Zivildienstleistende hat dann später dieses Auto auf eBay verkauft und bekam dafür von einem US-amerikanischen Online-Casino 188.938,88 Euro. Was ist passiert? Der Wert des Autos hat sich ja nicht verändert. Eher im Gegenteil, wenn der Zivildienstleistende damit auch gefahren ist. Aber der Preis ist rasant nach oben gestiegen. 
 

Aktuell ein Käufermarkt – Wert und Preis einer Praxis können abweichen

So ist es auch bei Arztpraxen. Und hier kommt die gute Nachricht für Niederlassungswillige und die schlechte für Abgebende: Angebot und Nachfrage bestimmen letztlich den Kaufpreis. Und da wir aktuell ein hohes Angebot und eine schwache Nachfrage haben, sind die Übernehmerinnen und Übernehmer im Vorteil. Es herrscht also ein Käufermarkt. Aus dem Markt wurde mir von einem Fall berichtet, bei dem ein abgebender Hausarzt ausgehend von seinem Steuerberater einen Kaufpreis von 400.000 Euro (Wert) für seine Hausarztpraxis verlangte. Möglicherweise und anhand seiner Zahlen sicherlich berechtigt. Der niederlassungswillige Hausarzt und einzige Interessent war schon kurz davor, diesen Preis zu bezahlen, bis er sich doch noch von anderer Stelle hat beraten lassen. Es handelte sich hier um ein zulassungsfreies Gebiet. Die Berater rechneten dem Existenzgründer vor, dass er doch für 50.000 Euro eine Praxis neu gründen könne. Damit hat er natürlich nicht am ersten Tag die Patienten- und Umsatzzahlen des Abgebers, aber da es sich um ein unterversorgtes Gebiet handelte, müsse er sich mittel- und langfristig um Patientenzulauf keine Sorge machen. Der junge Arzt hat die 400.000-Euro-Praxis nicht gekauft und für 50.000 Euro eine Neugründung gemacht.  

Damit will ich nicht sagen, dass Praxisbewertungen keinen Sinn ergeben. Auf gar keinen Fall. Aber sobald Abgebende und Niederlassungswillige in die Verhandlungen einsteigen, sollte allen Beteiligten klar sein, dass Angebot und Nachfrage letztendlich den Preis bestimmen. Und dieser Preis kann mitunter stark von der Bewertung (dem Wert) der Praxis abweichen. 
 

Dieser Gastbeitrag stammt von Robert Krüger Kassissa ("Wir haben Praxis.").


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