Richtig werben: Was Ärzte beachten müssen

Wo lauern rechtliche Fallstricke, wenn Ärzte für sich werben? Rechtsanwalt Dr. Dr. Ruppel klärt auf.


Ärztinnen und Ärzte sind immer auch Akteure im Gesundheitsmarkt – das heißt, ihre Praxen stehen untereinander im Wettbewerb und müssen sich gegenüber anderen behaupten. Wie dabei rechtliche Risiken vermieden werden, erläutert Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Dr. Thomas Ruppel.

Gute Ausgangslage

Das Werberecht für Arztpraxen ist mittlerweile weitgehend liberalisiert. Die meisten Verstöße sind mit gesundem Menschenverstand und auch ohne juristische Hilfe vermeidbar. Einige wichtige Aspekte sollten Ärzte jedoch beachten. In Ausnahmefällen, insbesondere vor hohen werblichen Investitionen, empfiehlt es sich, vorher anwaltliche Beratung einzuholen.

Rechtlich gesehen ist Werbung ein sehr weitreichender Begriff. Hierzu zählen nicht nur geschaltete Print- und Online-Anzeigen, sondern auch alle anderen informationsvermittelnden oder meinungsbildenden Maßnahmen, die den Umsatz der Praxis fördern sollen, beispielsweise die Internetseite, Flyer, Wiedereinbestellungszettel, Aufsteller oder das Praxisschild.

Verstöße können teuer werden

Rechtswidrige Werbung verletzt Verhaltensregeln am Gesundheitsmarkt. Mitbewerber – insbesondere andere Praxen – oder Wettbewerbsverbände (z.B. die Verbraucherzentralen) mahnen diese daher ab und fordern zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Abmahnung ist ähnlich wie im Arbeitsrecht die Aufforderung, ein Fehlverhalten einzustellen. Der abgemahnte Praxisinhaber muss die gesetzlich entstandenen Rechtsanwaltskosten des Abmahnenden tragen. Diese belaufen sich häufig auf mehrere Tausend Euro. Zur Vermeidung von zukünftigen Verstößen verlangen die Abmahnenden auch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Dies ist ein Vertrag zwischen dem Abmahnenden und dem Arzt. Darin verpflichtet sich der Arzt, die beanstandeten Werbeverstöße nicht zu wiederholen. Für den Fall von Zuwiderhandlungen muss sich der abgemahnte Arzt verpflichten, Strafzahlungen zu leisten (daher eine „strafbewehrte“ Unterlassungserklärung). Die Strafzahlungen betragen häufig mehrere Tausend bis Zehntausend Euro je Verstoß. Teuer wird es auch deshalb, weil in der Unterlassungserklärung oft gefordert wird, die unzulässigen Werbematerialien zu vernichten.

Gibt die abgemahnte Praxis die Unterlassungserklärung nicht innerhalb der geforderten Frist ab, wird der Abmahnende vor Gericht auf Unterlassung klagen. Das Gericht kann dann bei einer berechtigten Abmahnung die Praxis zur Abgabe der Unterlassungserklärung verpflichten.

Praxistipp: Bei Abmahnungen sofort reagieren und einen Anwalt aufsuchen. Die vom Abmahnenden gesetzten Fristen sollte die abgemahnte Praxis auf keinen Fall verstreichen lassen. Diese sind häufig sehr kurz (ein bis zwei Wochen), damit der Abmahnende bei fehlender Reaktion oder Zurückweisung der Abmahnung noch vor dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren sogenannten einstweiligen Rechtsschutz erhalten kann. Dabei verbietet ein Gericht zunächst vorläufig die vermeintlich unzulässige Werbung. Der Abmahnende hat für diesen Antrag beim Gericht jedoch nur wenige Wochen Zeit, weshalb er nach Ablauf der in der Abmahnung gesetzten Frist meist sogleich zu Gericht geht. In Ausnahmefällen können Verstöße gegen das Werberecht auch zu Ordnungswidrigkeiten- oder sogar Strafverfahren führen.

 

Gegen unberechtigte Abmahnungen wehren

Die Konsequenzen von Abmahnungen und Unterlassungserklärungen sind drastisch. Daher sollte kein Arzt eine Unterlassungserklärung abgeben und die teuren Anwaltskosten zahlen, wenn die Abmahnung unberechtigt ist, also gar kein Rechtsverstoß vorliegt. Im Zweifel lässt man es besser auf einen Prozess ankommen. Im Falle unberechtigter Abmahnungen kann man sogar eine Gegenabmahnung aussprechen.

Praxistipp: Gerade Praxen, die offensiv werben, sollten prüfen, ob Abmahnungen aus Wettbewerbsverstößen von der Rechtsschutzversicherung gedeckt sind, damit diese auch das Prozessrisiko eingehen können.

 

Erlaubt und verboten: eine Übersicht

Festpreise:
Fest- bzw. Pauschalpreise sind nach der GOÄ nicht zulässig. Mit ihnen darf daher nicht geworben werden. Ein Verstoß hiergegen verletzt nicht nur die GOÄ, sondern auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Gratisleistungen:
Gemäß den ärztlichen Berufsordnungen müssen Ärzte ein angemessenes Honorar verlangen. Ausnahmen sind nur für mittellose, unversicherte Patienten, Familienangehörige oder Kollegen gestattet. Gratisleistungen wie etwa Venenmessen sind daher berufs- und damit wettbewerbswidrig.

Niedrigpreiswerbung/Bestpreiswerbung:
Aus dem gleichen Grund dürfen auch keine niedrigeren Preise beworben werden als in der GOÄ vorgesehen. Erst recht nicht darf suggeriert werden, der Arzt würde niedrigere Preise als andere Ärzte verlangen, wenn dies gar nicht der Fall ist.  

Falsche Tatsachen:
Es versteht sich von selbst, dass keine falschen Tatsachen behauptet werden dürfen. Tatsachen sind alle Behauptungen, die dem Wahrheitsbeweis (durch Zeugen, Sachverständige, Urkunden etc.) unterliegen, also richtig oder falsch sein können. Zu falschen Tatsachen gehören etwa die Werbung mit nicht vorhandenen Qualifikationen, Anerkennungen oder Mitarbeitern.

Studienlage:
Mit vermeintlich „wissenschaftlich erwiesenen“ Behandlungsmethoden oder einer positiven Studienlage darf dementsprechend natürlich nur geworben werden, wenn diese auch tatsächlich vorliegen. Ein Verstoß hiergegen ist strafbar und wird mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet.

Verschleiern von Werbung:
Verboten – und sogar eine Straftat – ist das Verschleiern von Werbung, sogenannte Schleichwerbung. Dies ist dann der Fall, wenn nicht erkennbar ist, dass es sich um Werbung handelt, sondern der Eindruck erweckt wird, es handele sich um Aussagen neutraler Personen.

Werbung mit Selbstverständlichkeiten:
Nicht geworben werden darf mit Selbstverständlichkeiten, etwa dass Mitarbeiter die geforderte Mindestqualifikation haben oder dass man „garantiert behandlungsfehlerfrei“ arbeite.

Erfolgsversprechen:
Kein Arzt kann garantieren, dass seine Therapie wirklich anschlägt. Auch der Behandlungsvertrag verpflichtet nur zur gewissenhaften Durchführung der Therapie und der Arzt erhält das Honorar auch dann, wenn er oder sie letztlich keinen Erfolg hat. Im Heilmittelwerberecht ist es daher auch verboten, mit Erfolgsversprechen zu werben. Ein Verstoß hiergegen stellt sogar eine Straftat gem. §§ 3, 14 Heilmittelwerbegesetz dar.

Superlative:
Ärzte sollten Superlative wie „modernste Praxisräume“, „beste Ausstattung“ vermeiden.

Abbildungen:
Deutlich liberalisiert wurde das Werberecht hinsichtlich von Abbildungen. Diese sind sowohl im Kasack als auch in anderer Praxiskleidung erlaubt. Auch Vorher-nachher-Bilder sind erlaubt.

Dankesschreiben:
Außerhalb der medizinischen Fachkreise darf nur dann mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dankesschreiben oder Empfehlungen geworben werden, wenn dies nicht in – so das Gesetz – „missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise“ erfolgt.

Minderjährige:
Praxen mit Schwerpunkten auf der Behandlung von Kindern müssen beachten, dass eine Werbung hier in den medizinischen Fachkreisen – etwa gegenüber anderen Arztpraxen – erlaubt ist. Werbemaßnahmen außerhalb der Fachkreise, die sich ausschließlich oder überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richten, sind jedoch verboten.

Werbeverbote bei bestimmten Krankheiten:
Gemäß Teil A der Anlage zu § 12 des Heilmittelwerbegesetzes ist u.a. die Werbung für die Behandlung von Suchtkrankheiten (abseits der Nikotinabhängigkeit) und krankhaften Schwangerschaftskomplikationen außerhalb der medizinischen Fachkreise verboten.

Fernbehandlung:
Das bis vor kurzem geltende Verbot der Werbung für Fernbehandlungen wurde gelockert. Die Werbung ist nunmehr zulässig, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Patienten nicht erforderlich ist.

Praxisname:
Steht die Gründung oder Umbenennung einer Praxis an, sollte der gewünschte Praxisname kritisch hinterfragt werden, denn es ist ärgerlich, wenn Werbemittel vernichtet werden müssten oder die gekaufte Domain gar nicht nutzbar wäre. So darf sich eine Praxis nur dann „Institut“ nennen, wenn sie auch wissenschaftliche Forschung betreibt. „Zentrum für...“ ist nur bei Erreichen einer gewissen Größe erlaubt.


Fazit

Ärzte dürfen Werbung machen. Die Grenzen hierfür wurden in den letzten Jahren deutlich erweitert. Insbesondere vor teuren Werbemaßnahmen sollte die rechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Bei Abmahnungen gilt es schnell zu reagieren. 


Autor: Dr. Dr. Thomas Ruppel / Kanzlei für Medizinrecht und Gesundheitsrecht, Lübeck

 

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