"Die ambulante Versorgung muss gestärkt werden"

Dr. med. Raphael Ikogho ist Facharzt für Urologie und AÄA-Kunde. Im Interview berichtet er, warum er sich für seine Fachrichtung entschieden hat, welche Themen ihn derzeit im Praxisalltag beschäftigen und was sich im Gesundheitswesen ändern sollte.

 

Dr. med. Raphael Ikogho ist niedergelassener Facharzt für Urologie in Hamburg-Volksdorf. Bevor er im April 2021 in die Selbstständigkeit ging, war er 11 Jahre als angestellter Arzt in verschiedenen Kliniken tätig.

 

Herr Dr. Ikogho, warum ist die Urologie für Sie die schönste Fachrichtung?
Viele haben ein eingeschränktes Bild von der Urologie, dabei ist unser Fachbereich unglaublich vielseitig. Wir Urologen sind im Grunde operierende Internisten. Neben konservativen und operativen Behandlungen erstreckt sich unser Fachgebiet zu einem Großteil auf die Behandlung von Tumorerkrankungen. Was viele nicht wissen ist, dass die urologischen Tumorerkrankungen etwa 20 bis 30 Prozent aller Tumorerkrankungen ausmachen – das ist mehr als in allen anderen Fachrichtungen. Auch für Frauen wird die Urologie zunehmend attraktiv, da gerade in der Niederlassung eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich ist. 

Welche Themen beschäftigen Sie derzeit im Praxisalltag besonders?
Die Erwartungshaltung der Patienten ist mitunter herausfordernd – weniger für mich, aber für meine Mitarbeiterinnen am Empfang. Wir Urologen sind nun mal Fachärzte und keine Hausärzte, daher kann es manchmal auch drei Monate dauern, bis ein Termin verfügbar ist. Das ist für manche Patienten schwer nachvollziehbar. Der Zugang über den Hausarzt-Vermittlungsfall hat die Situation etwas verbessert. Insgesamt ist der Ton rauer geworden, man merkt das zum Beispiel bei Telefongesprächen, aber auch vor Ort in der Praxis. Eine Herausforderung ist grundsätzlich der Umgang mit den begrenzten Ressourcen: Wenn man 25 Pflicht-Kassensprechstunden anbietet, kann man anderen Aufgaben naturgemäß weniger Aufmerksamkeit widmen. 

Ist der Fachkräftemangel für Sie ein Thema? 
In unserer Branche ist der Fachkräftemangel ebenfalls deutlich spürbar. Bisher konnten wir glücklicherweise vakante Stellen recht zeitnah mit qualifizierten Bewerberinnen besetzen. Kollegen berichten jedoch von zunehmenden Problemen und längerfristig unbesetzten Stellen. Unsere Bewerberinnen haben wir über ein normales Jobportal finden können. 

Kürzlich wurde die zwischen Bundesärztekammer und PKV abgestimmte Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte vorgestellt. Nach viel Kritik, vor allem aus den technischen Fächern, geht sie jetzt ins Clearingverfahrung. Wie schätzen sie die geplanten Änderungen ein?
Die Aufwertung der sprechenden Medizin begrüße ich sehr. Technische Untersuchungen wie Ultraschall oder Spiegelungen würden für uns entsprechend der neuen GOÄ geringgradig profitabel sein. Was mich stört, ist die Möglichkeit, dass die privaten Krankenversicherer die Kosten nach drei Jahren einseitig deckeln können. Da insbesondere die Laborleistungen deutlich weniger profitabel wären und keinerlei Steigerungsfaktoren mehr möglich sind, lehnt unser Berufsverband (BvDU) den Entwurf, wie viele andere Fachverbände, inzwischen entschieden ab. Dass die Privatabrechnung eine derart große Bedeutung hat, war mir übrigens, als ich mich vor vier Jahren niederließ, nicht bewusst. Ohne Privatpatienten könnten wir die Praxis nicht wirtschaftlich betreiben. Denn die Kassenpatienten decken gerade so die Kosten für Mitarbeiter, Praxismiete und Nebenkosten. Mir selber könnte ich kein Gehalt auszahlen. 

Wir übernehmen Ihre Privatabrechnung und sorgen für spürbare Entlastung in Ihrer Praxis. Lassen Sie sich jetzt individuell beraten und profiteren Sie von unserer Expertise. 

 

Wie lange sind Sie schon Kunde bei AÄA?
Ich bin seit Tag eins meiner Niederlassung AÄA-Kunde, weil die Berufsausübungsgemeinschaft, in die ich eintrat, bereits Kunde war. Ganz am Anfang hatte ich ein Aha-Erlebnis, das mich in der Zusammenarbeit bestärkt hat: Da fragte die betreuende AÄA-Mitarbeiterin selbstständig nach, warum ich denn bei der Abrechnung eines Blasentumortests die Sachkosten nicht berechnete. Ich bin insgesamt sehr zufrieden und empfehle AÄA weiter, wenn Kollegen mich fragen. Auch die die angebotenen GOÄ-Webinare nutze ich gern. Und das neue PraxisPortal finde ich mittlerweile hervorragend. Es ist sehr übersichtlich und erleichtert die Kommunikation. Die Unterstützung durch AÄA ist eine große Entlastung für uns und die Zusammenarbeit läuft exzellent. 

Bereuen Sie rückblickend etwas im Zusammenhang mit Ihrer Niederlassung?
Ja – dass ich es nicht schon viel früher gemacht habe! Die Arbeit in der Klinik war spannend durch die besonderen Fälle und Operationen. Aber jetzt als niedergelassener Arzt ist die Work-Life-Balance deutlich besser. Ich schlafe nachts in meinem eigenen Bett und verbringe die Wochenenden mit meiner Familie. Manche Kollegen würden vielleicht sagen, dass die vielen Vorsorgeuntersuchungen langweilig seien. Dann entgegne ich: Es gibt deutlich unangenehmere Arzt-Patientenkommunikationen, als einem Menschen sagen zu können, dass er gesund ist, oder aber eine Erkrankung frühzeitig zu diagnostizieren und somit meist deutlich bessere Behandlungsaussichten durch die Diagnosestellung zu ermöglichen. 

Welchen Rat würden Sie jungen Ärzten geben, die eine eigene Praxis gründen möchten? 
Die Beratung durch Banken und Finanzexperten ist wichtig, aber sprecht vor allem auch mit jungen, niedergelassenen Kollegen und profitiert von deren Erfahrungen. 

Was würden Sie tun, wenn Sie Bundesgesundheitsminister wären?
Ich würde wohl erstmal eine Fliege tragen. Im Ernst: Es gibt sehr viele Baustellen im Gesundheitswesen. Aber wir sollten uns auch immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass wir in Deutschland immer noch eines der besten Systeme haben. Wichtig ist, endlich die nötigen Veränderungen anzugehen. Es heißt zum Beispiel seit Jahren, dass die Pflege verbessert werden sollte. Und trotzdem gibt es keine entscheidenden Maßnahmen und die Arbeit wird immer noch zu schlecht bezahlt und auch die Arbeitsbedingungen werden weiterhin schlechter. Zudem muss die ambulante Versorgung mehr gestärkt werden, denn es wird immer wieder vergessen, dass die niedergelassenen Ärzte mit Ihren Praxisteams den Hauptteil der medizinischen Versorgung in Deutschland bewältigen. Bessere Bezahlung und Bürokratieabbau sind die wichtigsten Aspekte, um die ambulante Medizin auch für die folgenden Generationen noch erstrebenswert und zukunftssicher zu machen.