Dieser Beitrag stammt von Diplom-Finanzwirt und Steuerberater Michael Möller von der Thierfeld und Berg Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB. Seit über zehn Jahren liegen seine Schwerpunkte in der steuerlichen und wirtschaftlichen Beratung von Angehörigen der Heilberufe.
Ihre Existenzgründung wird erfolgreich sein, wenn Sie sich vorab die notwendigen Gedanken machen, sich Zeit für die Planung nehmen und die Praxisentwicklung in der Umsetzungsphase kontrollieren. Bedenken Sie, dass der Weg in die Selbständigkeit oftmals eine Lebensentscheidung ist, Sie also für die kommenden Jahrzehnte planen. Mit den folgenden Fragen werden Sie im Rahmen der beruflichen Selbständigkeit konfrontiert werden. Wir empfehlen Ihnen, sich frühzeitig damit zu beschäftigen.
1) Wie möchte ich eigentlich arbeiten?
Ihr Charakter und Ihre persönliche Lebensplanung beeinflussen wesentlich die Entscheidung, welchen Weg Sie bei der beruflichen Niederlassung wählen. Wieviel Zeit wollen Sie in Ihren Beruf investieren? Wieviel Kapital können und wollen Sie aufnehmen? Wollen Sie Chef sein und Verantwortung übernehmen?
Egal ob Sie eine Einzelpraxis übernehmen oder in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) einsteigen: Die Chemie unter den Beteiligten muss stimmen und die Behandlungsansätze sollten harmonieren. Das gilt es bereits vor dem Start zu klären.
2) Wo möchte ich arbeiten?
Der Standort der Praxis ist in verschiedener Hinsicht von erheblicher Bedeutung. Wie ist die Konkurrenzsituation im Umfeld? Gibt es genügend Patienten? Was ändert sich für mich privat (evtl. Umzug) und wie gestaltet sich der Weg zur Arbeit?
Viele Ärzte suchen in der Großstadt, obwohl die ländlichen Praxen oftmals deutlich günstiger im Kaufpreis sind und höhere Gewinne erwirtschaften. Warum nicht einmal anders herum: in der Großstadt wohnen und im Umland arbeiten. Das Pendeln erfolgt dann quasi gegen den Strom.
3) Was kostet eine Praxisgründung. Wie viel muss ich investieren?
Mehr als 90 Prozent aller Niederlassungen erfolgen durch die Übernahme einer Einzelpraxis oder den Einstieg in eine BAG. Die Kosten hierfür variieren je nach Fachgruppe erheblich. Der Eintritt in eine hausärztliche Praxis kostet im Durchschnitt ca. 120.000 Euro, auf dem Land eher die Hälfte – wobei es auch hier eine große Bandbreite gibt. Facharztpraxen sind deutlich teurer: Hier dürfen es gern auch einmal 400.000,- € und mehr sein. Der Einstieg in eine BAG kostet dabei etwas mehr als die Übernahme einer Einzelpraxis. Statistisch gesehen liegt der Aufwand für die Gründung ohne Übernahme nur geringfügig darunter, weil hier anfangs von erheblich niedrigeren Einnahmen ausgegangen werden muss. Der Patientenstamm will erst erarbeitet sein.
Neben dem Kaufpreis muss eine zusätzliche Liquiditätsreserve eingeplant werden. Es gilt ca. eineinhalb bis zwei Monate der laufenden Kosten nebst einiger Monate Lebensunterhalt zu finanzieren, weil die Praxiseinnahmen erst mit zeitlicher Verzögerung fließen.
4) Wer finanziert mich?
Nur wenige Existenzgründer sind in der komfortablen Lage, bereits über nennenswerte eigene Liquiditätsreserven zu verfügen. Glücklicherweise sind Ärzte bei den Banken gut angesehen. Wenn die Zahlen stimmen, finanzieren die Banken häufig zu 100 Prozent. Dabei sollten Banken gewählt werden, die auf Heilberufe spezialisiert sind. Diese verfügen über das entsprechende Branchenwissen und kennen das Marktumfeld. Aber so ganz ohne Gegenleistung bekommen Sie ihre Finanzierung dann doch nicht. Die Bank will sicher sein, dass sie das geliehene Geld auch zurückbekommt. Sie verlangt daher diverse Informationen: sowohl über Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisseals auch die Zahlen der Praxis, die Sie übernehmen oder in die Sie einsteigen wollen.
Am wichtigsten ist es Ihrer Bank jedoch, dass Sie sich wie ein Unternehmer verhalten - eine Erwartung, die Sie übrigens auch selbst an sich stellen sollten. Ein Unternehmer geht nicht planlos in eine Selbständigkeit, sondern will wissen, auf was er sich einlässt. Er schaut sich daher genau an, was er übernehmen will, und plant, wie es in der Zukunft weitergeht. Er stellt die Investitionskosten, also die Gesamtkosten des Praxiseinstiegs oder der Gründung, in einem Investitionsplan zusammen, fertigt eine Planungsrechnung des Ergebnisses und der Liquidität auf monatlicher Basis für die nächsten zwei Jahre und macht sich Gedanken über die Höhe der benötigten Kreditmittel. Im Grunde handelt es sich um einen Businessplan oder eine Vorhabensbeschreibung.
Diese Aufgaben müssen Sie aber nicht allein erledigen. Es gibt Berater, die sich hierauf spezialisiert haben – zum Beispiel wir Steuerberater. Gemeinsam mit Ihnen stimmen wir Ihre Ziele und Erwartungen ab und erstellen daraus die Planungsrechnungen. Die Bank macht dann eine eigene Plausibilitätsberechnung und prüft die Erfolgsaussichten Ihres Vorhabens. Am Ende müssen die erwarteten Gewinne/Gewinnanteile Ihre persönlichen Ausgaben nebst Steuern und Versicherungen sowie die Kredittilgung decken.
5) Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren?
a) Die Praxiseinnahmen
Sie sind das Ergebnis Ihrer Leistung und dienen zur Deckung der Praxiskosten und Ihres Lebensunterhalts. Ihre Arbeitszeit ist kostbar: Der durchschnittliche Honorarsatz pro Stunde für Ärzte liegt, je nach Fachgruppe, zwischen 210 und 300 Euro. Es ist durchaus sinnvoll, bei den wichtigsten Behandlungsleistungen einmal den Zeitaufwand und die dafür erhaltene Vergütung gegenüber zu stellen.
Eine zeitnahe und möglichst optimale Abrechnung sichert Ihre Liquidität und bildet eine wichtige finanzielle Basis für die Praxis. Abrechnungsdienstleister können Ihnen hier das Leben erleichtern. Sie kennen die Materie und machen die Abrechnung effizienter. Dies entlastet Ihr Team zudem bei den Verwaltungsaufgaben und gibt Ihnen mehr Zeit für Ihre eigentliche ärztliche Tätigkeit.
b) Das Personal
Das Team ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren in Arztpraxen.Je effizienter die Abläufe in der Praxis, je motivierter und freundlicher die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, umso besser ist am Ende das Ergebnis der Praxis.
In der heutigen Zeit ist es schwierig, gutes Personal zu gewinnen. Die Mitarbeiterbindung durch angenehme Arbeitsbedingungen und eine faire und motivierende Vergütung ist daher umso wichtiger. Schaffen Sie Anreize und nutzen Sie steuerlich geförderte Sondervergütungen, damit am Ende ein möglichst hohes Netto beim Personal ankommt.
c) Die Praxisräume
Egal ob Übernahme, Einstieg oder Neugründung: Neben dem Personal kommt den Praxisräumen eine zentrale Bedeutung zu. Die Laufzeit des Mietvertrages sollte den Standort der Praxis für eine längere Zeit sichern. Kurze Laufwege sparen Zeit und damit Personalressourcen. Helle, freundliche Räume schaffen eine angenehme Atmosphäre für Team und Patienten. Auch die Möglichkeit, sich zu vergrößern sollte bei der Wahl eine Rolle spielen. Zudem gilt es vertraglich sicherzustellen, dass Sie nicht für jede Änderung (z.B. die Aufnahme von Partnern oder der Verkauf an Nachfolger) das vorherige Einverständnis des Vermieters benötigen.
Den zweiten Teil des Beitrags mit weiteren Fragen, die sich Ärzte beim Schritt in die NIederlassung stellen sollten, finden Sie hier