GOÄ-Ziffer 56: Verweilgebühr richtig abrechnen

Was versteht die Gebührenordnung für Ärzte unter dem Begriff "Verweilen"? Welche Mindestdauer gilt für die Abrechnung einer Verweilgebühr? Und welche Zuschläge sind in Kombination mit GOÄ-Ziffer 56 anwendbar?

 

GOÄ-Nr. 56 – oft falsch verstanden

Die Abrechnung der Verweilgebühr gem. der Gebührennummer 56 wirft viele Fragen auf und ist für viele nicht eindeutig zu verstehen. Das ist vermutlich dem komplexen Text der Leistungsziffernlegende geschuldet:

„Verweilen, ohne Unterbrechung und ohne Erbringung anderer ärztlicher Leistungen – wegen Erkrankung erforderlich –, je angefangene halbe Stunde“ - (1,0fach = 10,49 € / 1,8fach = 18,89 € / 2,5fach = 26,23 €)

Aufgrund vielfältiger Missverständnisse und Fehlinterpretationen des komplexen Textes, kommt es immer wieder zu Falschabrechnungen. Hinzu kommen auch noch die zusätzlichen Bestimmungen zur GOÄ-Nr. 56, die im Gebührenverzeichnis unterhalb der Leistungsziffer 56 aufgeführt sind, die ebenfalls bei der Abrechnung berücksichtigt werden müssen:

„Die Verweilgebühr darf nur berechnet werden, wenn der Arzt nach der Beschaffenheit des Krankheitsfalls mindestens eine halbe Stunde verweilen muß und während dieser Zeit keine ärztliche(n) Leistung(en) erbringt. Im Zusammenhang mit dem Beistand bei einer Geburt darf die Verweilgebühr nur für ein nach Ablauf von zwei Stunden notwendiges weiteres Verweilen berechnet werden.“
 

Wie ist der Begriff des Verweilens zu verstehen?

Der Begriff des ärztlichen Verweilens wurde schon 1978 in einem Urteil des BSG als die tätige Bereitschaft und die Beobachtung eines Kranken beschrieben, ohne dass währenddessen honorarfähige Leistungen anfallen. Die Verweilgebühr, so das Gericht, solle den Arzt gerade dafür entschädigen, dass er während der Verweildauer keine honorarfähige Leistung erbringen kann (BSG 26.4.1978 – 6 RKa 11/77).
 

Persönliche Leistungserbringung erforderlich

Das Verweilen bei Patienten ist eine Leistung, die stets von dem Arzt/der Ärztin persönlich erbracht werden muss. Erklärt wird das durch die zusätzlichen Bestimmungen zur GOÄ-Nr. 56, in denen es heißt: „Die Verweilgebühr darf nur berechnet werden, wenn der Arzt nach der Beschaffenheit des Krankheitsfalls mindestens eine halbe Stunde verweilen muß …“.

Eine Delegation der Leistungserbringung an nicht-ärztliches Personal ist damit ausgeschlossen. 


Abrechnung nur bei medizinischer Indikation

Voraussetzung für die Abrechnung der GOÄ-Nr. 56 ist das Vorliegen einer medizinischen Indikation, die sich an der Beschaffenheit des Krankheitsfalls orientiert, und die der Arzt/die Ärztin entsprechend zu bewerten hat. Aus diesem Grund ist die medizinische Notwendigkeit des Verweilens und dessen Dauer vom jeweiligen Einzelfall abhängig. 

Eine über das medizinische Maß notwendige Dauer des Verweilens kann z. B. auf Verlangen eines Patienten/einer Patientin oder von Angehörigen erfolgen, z. B. aufgrund eines erhöhten Sicherheitsbedürfnisses. In diesem Fall muss die Verweilgebühr als Verlangensleistung auf der Rechnung gekennzeichnet werden (siehe § 12 Abs. 3 GOÄ). Eine Erstattung dieser Leistung durch Erstattungsstellen ist in diesem Fall nicht sicher, so dass über die damit einhergehenden Kosten zuvor in Textform informiert werden muss. 
 

Beispiele, bei denen die Verweilgebühr ggf. abgerechnet werden kann:

  • Warten auf den Rettungswagen,
  • Warten auf den Eintritt der Wirkung eines applizierten Medikamentes


Beispiele, bei denen die Verweilgebühr nicht abgerechnet werden darf:

  • Für das immanente Verweilen, das mit der Erbringung ärztlicher Leistungen verbunden ist, z. B. Beratungsleistungen, therapeutische Gesprächsleistungen, Operationen, Untersuchungen, …
  • Überwachung einer Allgemeinanästhesie oder Regionalanästhesie,
  • Überwachung während einer Infusion,
  • Aufenthalt des Patienten/der Patientin im Wartezimmer.

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Mindestdauer für die Verweilgebühr beachten

Lt. ergänzender Bestimmung darf die Verweilgebühr nur berechnet werden, „wenn der Arzt nach der Beschaffenheit des Krankheitsfalls mindestens eine halbe Stunde verweilen muß …“, so dass die GOÄ-Nr. 56 grundsätzlich erst nach Ablauf von 30 Minuten abgerechnet werden darf. Da sich aus der Leistungsziffernlegende die Möglichkeit der Abrechnung „je angefangene halbe Stunde“ ergibt, kann die GOÄ-Nr. 56 ab Beginn der 31. Minute 2x abgerechnet werden. 

Beispiel:
a)    Verweilen von 09.00 Uhr – 09.29 Uhr – GOÄ-Nr. 56 nicht berechnungsfähig
b)    Verweilen von 09.00 Uhr – 09.31 Uhr – GOÄ-Nr. 56 2x berechnungsfähig
 

Keine Unterbrechung – keine Erbringung anderer Leistungen

Nur dann, wenn das Verweilen ununterbrochen stattgefunden hat, darf die Verweilgebühr abgerechnet werden. Für die bloße Anwesenheit des Arztes/der Ärztin in der Praxis, der/die nur ab und zu nach dem/der Patient/in sieht, ist die GOÄ-Nr. 56 nicht abrechenbar. 

Während des Verweilens dürfen außerdem keinerlei andere ärztliche Leistungen, z. B. Gabe einer Infusion, an demselben Patienten/derselben Patientin stattfinden. Auch bei anderen Patient/innen dürfen in der Zeit keine ärztlichen Leistungen durchgeführt werden, da dies im Sinne der Leistungsziffernlegende zu einer nicht erlaubten Unterbrechung des Verweilens führen würde. 


Unterbrechung des Verweilens im Ausnahmefall

In den Fällen, in denen es medizinisch notwendig ist, z.B. zunächst zu verweilen, dann eine ärztliche Leistung zu erbringen und danach ggf. wieder zu verweilen, ist die Verweilgebühr, wie im folgenden Beispiel verdeutlicht werden soll, abrechenbar.

Beispiel:
09.00–09.35 Uhr: Verweilen gem. GOÄ-Nr. 56 x2
09.35–10.00 Uhr: Infusion, intravenös, von mehr als 30 Minuten Dauer gem. GOÄ-Nr. 272 
10.00– 10.31 Uhr: Verweilen gem. GOÄ-Nr. 56 x2

Die Verweilzeit wird um 09.35 Uhr unterbrochen; ab 10.00 Uhr wird die Verweilzeit erneut von vorne berechnet. 


Verweilen im Zusammenhang mit dem Beistand bei einer Geburt

Gemäß den GOÄ-Bestimmungen darf die Ziffer 56 im Zusammenhang mit dem Beistand bei einer Geburt erst nach Ablauf von zwei Stunden für ein notwendiges weiteres Verweilen abgerechnet werden. 


Zuschläge zur Verweilgebühr

Zur Verweilgebühr nach Ziffer 56 können ggf. die Zuschläge nach dem Abschnitt B V – Zuschläge zu den Leistungen nach den Nummern 45 – 62 abgerechnet werden.

  • E Zuschlag für dringend angeforderte und unverzüglich erfolgte Ausführung - (9,33 €)
  • F Zuschlag für in der Zeit von 20 bis 22 Uhr oder 6 bis 8 Uhr erbrachte Leistungen - (15,15 €)
  • G Zuschlag für in der Zeit zwischen 22 und 6 Uhr erbrachte Leistungen - (26,23 €)
  • H Zuschlag für an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen erbrachte Leistungen - (19,82 €)
  • K 2 Zuschlag zu den Leistungen nach den Nummern 45, 46, 48, 50, 51, 55 oder 56 bei Kindern bis zum vollendeten 4. Lebensjahr - (6,99 €)

Aufgrund der Allgemeinen Bestimmungen vor dem Abschnitt B V ergibt sich die Möglichkeit, die o. g. Zuschläge zur GOÄ-Nr. 56 mehrmals während einer Inanspruchnahme bzw. Sitzung abrechnen zu können.

Beispiel:
Verweilen am Ostermontag in der Zeit von 07.00 bis 07.45 Uhr: GOÄ-Nr. 56 2x, Zuschlag H 2x, Zuschlag F 2x

Auch der Zuschlag nach Buchstabe E ist von einer möglichen Mehrfachabrechnung nicht ausgenommen. Denkbar wäre der Zuschlag z. B. während einer Sterbebegleitung (so auch GOÄ Kommentar Deutscher Ärzteverlag, Stand 2025).

 

\\\ Autorin: Gerda-Marie Wittschier – Beratung im Gesundheitswesen (Erftstadt) für AÄA.