GOÄ-Ziffern 1 und 5: Den "Behandlungsfall" richtig abrechnen

Die GOÄ-Nummern 1 und 5 werfen in Arztpraxen immer wieder Fragen auf. Denn die Gebührenordnung schränkt die Abrechnung mit verschiedenen Vorgaben ein. Der Beitrag erklärt die korrekte Anwendung anhand konkreter Beispiele.

 

Seit dem Inkrafttreten der GOÄ vor 27 Jahren haben die einschränkenden Vorschriften der Gebührenordnung zu den GOÄ-Ziffern 1 (Beratung, auch mittels Fernsprecher) und 5 (Symptombezogene Untersuchung) für Missverständnisse und Kopfzerbrechen gesorgt. Betroffen waren und sind hiervon nahezu alle Anwender der Gebührenordnung unabhängig von deren Fachgruppenzugehörigkeit.

Konkret geht es um diese Abrechnungs-Regel:

„Die Leistungen nach den Nummern 1 und/oder 5 sind neben den Leistungen nach den Abschnitten C – O im Behandlungsfall nur einmal berechnungsfähig.“ (Allgemeine Bestimmungen 2. vor Abschnitt B der GOÄ)
 

Um diese Bestimmung zu verstehen, muss man wissen, welche GOÄ-Nummern in den „Abschnitten C – O“ zu finden sind. Als „Abschnitte“ werden die einzelnen Kapitel des Gebührenverzeichnisses bezeichnet, von denen es insgesamt 16 gibt - von A bis P. Die einzelnen Abschnitte beinhalten die Gebührennummern, die darin nach bestimmten Themen bzw. medizinischen Fachbereichen zugeordnet sind.

Die Abschnitte C bis O umfassen sämtliche GOÄ-Nummern ab der Ziffer 200 bis zur Ziffer 5855:

Abschnitt Thema (GOÄ-Nummern)
C Nichtgebietsbezogene Sonderleistungen (200-449)
D Anästhesieleistungen (450-498)
E Physikalisch-medizinische Leistungen (500-569)
F Innere Medizin, Kinderheilkunde und Dermatologie (600-793)
G Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie (800-887)
H Geburtshilfe und Gynäkologie (1001–1168)
I Augenheilkunde 1200–1386)
J Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (1400–1639)
K Urologie (1700–1860)
L Chirurgie, Orthopädie (2000–3321)
M Laboratoriumsuntersuchungen (3500-4787)
N Histologie, Zytologie und Zytogenetik (4800-4873)
O Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomographie und Strahlentherapie (Nrn. 5000 – 5855)

 

Entsprechend der o. g. Bestimmung dürfen die GOÄ-Nummern 1 und/oder 5 nur 1x im Behandlungsfall „neben“ diesen Ziffern abgerechnet werden. „Neben den Leistungen nach den Abschnitten C - O“ ist zu verstehen als „Kombination mit den Leistungen nach den Abschnitten C-O innerhalb einer Sitzung“. Als „Sitzung“ wird ein einheitlicher Arzt-Patienten-Kontakt bezeichnet - also ein Arzttermin, unabhängig davon, wieviel Zeit dieser in Anspruch nimmt. Zum Verständnis der Abrechnungsregel ist es zusätzlich wichtig zu wissen, wie der „Behandlungsfall“ in der GOÄ definiert ist:

„Als Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.“ (Allgemeine Bestimmungen 1. vor Abschnitt B der GOÄ)

Der „Zeitraum eines Monats“ ist zu verstehen als ein Monat plus ein Tag.


Beispiel 1:
Die Erkrankung „X“ wird am 02. Mai festgestellt. Ein neuer Behandlungsfall wegen dieser Erkrankung beginnt frühestens am 03. Juni. Jede Neu-Feststellung einer Erkrankung führt noch vor dem Ablauf des Monats zu einem neuen Behandlungsfall.

Beispiel 2: 
Die Erkrankung „X“ wird am 02. Mai festgestellt; die Erkrankung „Y“ am 08. Mai. Der Behandlungsfall für die Erkrankung „X“ beginnt am 02.05. Am 08.05. liegt wegen der Erkrankung „Y“ ein neuer Behandlungsfall vor.

Fazit: 
Jede „neue“ Erkrankung führt noch vor dem Ablauf des Monats zu einem neuen Behandlungsfall und damit erneut zu der Möglichkeit, die GOÄ-Nummern 1 und/oder 5 mit Leistungen aus den Abschnitten C-O in Kombination abrechnen zu können.


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Zu den Terminen


 

Die folgenden Beispiele verdeutlichen die Anwendung der Abrechnungsregel:

Diagnose a) „Hämatom linker Oberschenkel“ am 02.05. und Diagnose b) „Akuter grippaler Infekt“am 08.05.
02.05. 1, 5, 200 (Verband) + Materialkosten gem. § 10 GOÄ – erster Behandlungsfall wg. Diagnose a)
03.05. 1, 5, 200 (Verband) + Materialkosten gem. § 10 GOÄ 
08.05. 1, 5, 272 (i.v.-Infusion > 30 Minuten) + Materialkosten gem. § 10 GOÄ – neuer Behandlungsfall wg. Diagnose b)
09.05. 1, 5, 272 (i.v.-Infusion > 30 Minuten) + Materialkosten gem. § 10 GOÄ
10.05. 1, 5
11.05. 1, 5, 70
12.05. 1


Punktzahlen der GOÄ-Nummern:
GOÄ-Nr. 1: Punktzahl 80
GOÄ-Nr. 5: Punktzahl 80
GOÄ-Nr. 70: Punktzahl 40
GOÄ-Nr. 200: Punktzahl 45
GOÄ-Nr. 272: Punktzahl 180


Je höher die Punktzahl einer GOÄ-Ziffer ist, desto höher ist das daraus resultierende Honorar.

Aus diesem Grund wurde bei dem o. g. Beispiel am 03.05. auf die Abrechnung der niedriger bewerteten GOÄ-Nr. 200 zugunsten der höher bewerteten GOÄ-Nrn. 1 und 5 verzichtet, denn bei der Anwendung der Abrechnungs-Regel ist es durchaus gestattet, sich für die Kombination tatsächlich erbrachter Leistungen zu entscheiden, aus denen sich das optimalste Honorar ergibt. Um am 09.05. ebenfalls eine bestmögliche Honorierung zu erzielen, wurde nur die höher bewertete GOÄ-Ziffer 272 abgerechnet. Eine Abrechnung der GOÄ-Nrn. 1 und 5 ohne Kombination mit Leistungen aus den Abschnitten C-O ist uneingeschränkt oft möglich (siehe 10.05.). Gleiches gilt für die alleinige Abrechnung der GOÄ-Nr. 1 (12.05.) oder die Abrechnung der GOÄ-Nrn. 1 und 5 in Kombination mit Leistungen aus dem Abschnitt B (siehe GOÄ-Nr. 70 am 11.05. neben GOÄ-Nrn. 1 und 5).

Sollten Materialkosten für GOÄ-Leistungen entstanden sein, die wegen der Abrechnungs-Regel nicht abgerechnet werden können (siehe Materialkosten für den Verband am 03.05.), so können diese trotzdem gem. § 10 GOÄ in Rechnung gestellt werden, obwohl die eigentlich hierfür zugrundeliegende GOÄ-Nr. (200) nicht in Rechnung gestellt werden darf. 
 

\\\ Autorin: Gerda-Marie Wittschier - Beratung im Gesundheitswesen (Erftstadt) für AÄA.

 

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